Kill das Mittelmass

Viele Unternehmen sind gut. Nicht exzellent, nicht bahnbrechend – aber solide. Sie liefern zuverlässig, sind freundlich im Ton, ordentlich in der Aufmachung. Und genau das ist ihr Problem. Denn niemand erinnert sich an solide. Anständig ist nicht auffällig. „Ganz okay“ ist heute gleichbedeutend mit: irrelevant.

Warum „okay“ nicht mehr reicht – und was das mit Positionierung zu tun hat

„The opposite of remarkable is very good.“
– Seth Godin, Purple Cow

Was paradox klingt, ist in Wahrheit brutal logisch. In einer Welt voller Angebote reicht es nicht mehr, „sehr gut“ zu sein. Denn „sehr gut“ ist die neue Pflicht. Wer auffallen will, muss darüber hinausgehen – nicht durch Lautstärke oder Aggressivität, sondern durch klare Kante. Durch ein Profil, das hängen bleibt.

Mittelmass ist bequem – aber gefährlich

Mittelmass entsteht nicht aus Inkompetenz. Es ist das Resultat von Gewohnheit, Vorsicht und vermeintlicher Professionalität. Man richtet sich danach, wie es „üblich“ ist. Orientiert sich an der Konkurrenz. Verwendet dieselben Begriffe, bietet dieselben Leistungen, bleibt im sicheren Rahmen.

Das Ziel ist meist, möglichst niemanden zu verprellen. Doch genau darin liegt das Risiko: Wer sich anpasst, verschwindet. Wer niemanden stört, bleibt auch niemandem im Kopf. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer glauben, sie hätten ein Kommunikationsproblem – in Wahrheit haben sie ein Profilproblem.

„If you’re not standing out, you’re invisible.“
– Seth Godin

Was bedeutet das konkret für KMU?

Gerade kleinere und mittlere Unternehmen können es sich nicht leisten, austauschbar zu sein. Sie haben keine millionenschweren Werbebudgets, keine bekannten Markenfiguren, keine grossen Teams für Content und Kampagnen. Was sie stattdessen haben: Nähe zum Kunden, Entscheidungsfreiheit, Beweglichkeit – und die Möglichkeit, radikal eigenständig zu agieren.

Drei Beispiele, wie Mittelmass im Alltag aussieht – und wie man es aufbrechen könnte:

1. Die klassische Agentur mit 10 Angeboten

Eine kleine Marketingagentur bietet alles an: Webseiten, SEO, Social Media, Werbeanzeigen, Design, Video, … eben das ganze Paket. Sie will niemanden ausschliessen – und bleibt dadurch austauschbar.
Der Bruch mit dem Mittelmass: Sie entscheidet sich, nur noch für Handwerksbetriebe zu arbeiten und spezialisiert sich auf deren Recruiting. Plötzlich hat sie ein klares Profil – und wird empfohlen, weil sie „die mit den Azubi-Kampagnen für Maler“ ist.

2. Das Softwarehaus mit „flexiblen Lösungen für alle Branchen“

Was gut klingt, sagt in Wahrheit: Wir wissen selbst nicht genau, wofür wir stehen.
Der Bruch mit dem Mittelmass: Das Unternehmen richtet sich konsequent auf kleine Energieversorger aus und entwickelt nur noch Produkte für diese Zielgruppe – mit tiefem Branchenverständnis, massgeschneiderten Modulen und Referenzen, die zählen.
Das Ergebnis: Weniger Kunden, aber die richtigen. Weniger Aufwand – mehr Wirkung.

3. Der traditionelle Familienbetrieb mit allgemeinem Angebot

Ein Betrieb für Innenausbau, seit 30 Jahren am Markt. Gute Arbeit, aber keine Alleinstellung.
Der Bruch mit dem Mittelmass: Der Betrieb richtet sich gezielt an Architekturbüros als Partner, entwickelt ein Spezialangebot für nachhaltige Holzverarbeitung – und kommuniziert das deutlich. Auf einmal wird er nicht mehr mit anderen verglichen, sondern gezielt angefragt.

Kill das Mittelmass = Entscheide dich

Positionierung bedeutet: Weglassen, um klar zu werden. Es ist der bewusste Verzicht auf Vielseitigkeit zugunsten von Tiefe. Es ist die Entscheidung, nicht alles für alle zu sein – sondern etwas ganz Bestimmtes für ganz Bestimmte. Und ja, das macht Angst. Aber noch viel mehr schadet es, nicht erinnerbar zu sein.

„In a crowded marketplace, fitting in is a failure. In a busy marketplace, not standing out is the same as being invisible.“
– Seth Godin

Wenn du dich fragst, wo du ansetzen sollst: Beginne damit, ehrlich auf dein Angebot zu blicken. Wo bist du „okay“, aber nicht wirklich anders? Wo tust du Dinge nur deshalb, weil „man das halt so macht“? Und was könntest du streichen oder zuspitzen, um mehr Profil zu bekommen?

Fazit

„Okay“ ist gefährlich. Denn es lullt dich ein mit dem Gefühl, dass es reicht – während du längst übersehen wirst. Kill das Mittelmass. Nicht um radikal anders zu sein, sondern um endlich du selbst zu sein – klar, eigenständig, wiedererkennbar.