Produktentwicklung braucht Richtung, keine Listen
Marty Cagan beschreibt in Inspired, wie entscheidend eine gute Produktvision ist. Nicht als Präsentationsfolie, sondern als Kompass. Als Orientierung in all den täglichen Entscheidungen. Und vor allem als Schutz vor Beliebigkeit.
„Die Vision ist der langfristige, inspirierende Blick darauf, was das Produkt einmal leisten soll. Sie schafft Sinn – und verbindet das Team mit dem Warum.“
Ohne diese Verbindung entsteht keine Richtung. Und ohne Richtung bleibt nur: Abarbeiten.
Eine gute Vision reduziert – sie bläht nicht auf
Cagan macht deutlich: Eine klare Vision ist kein Wunschkonzert. Sie definiert nicht alles, was möglich ist – sondern macht deutlich, was nicht nötig ist. Sie hilft beim Priorisieren, beim Weglassen, beim Entscheiden. Denn in einer Welt mit endlosen Möglichkeiten entscheidet nicht das Können, sondern das Wollen.
Eine gute Produktvision schärft die Konzentration. Sie sagt: Das ist unser Ziel. Und das nicht. Das klingt simpel – ist aber in der Praxis ein radikaler Schritt. Denn es bedeutet: nicht jedem Impuls zu folgen. Nicht jedes Feedback umzusetzen. Nicht auf jeder Welle mitzureiten.
„Ohne Vision werden Teams zu Liefermaschinen – effizient, aber orientierungslos.“
Vision ist kein Top-down, sondern ein Alignment
Oft wird Vision als etwas verstanden, das von oben kommt. Von der Geschäftsführung, dem Produktboard, dem „Visionär“. Doch eine tragfähige Produktvision entsteht nicht durch Ansage – sondern durch Verbindung: mit dem Markt, mit dem Kunden, mit dem Team.
Cagan betont, wie wichtig es ist, dass alle im Team die Vision verstehen und mittragen. Nicht blind – sondern bewusst. Das bedeutet: Sie müssen sehen, warum etwas wichtig ist. Nicht nur, dass es gemacht werden soll.
Nur dann entsteht das, was Cagan als „Empowered Product Teams“ bezeichnet – Teams, die nicht nur liefern, sondern mitdenken. Teams, die in täglichen Entscheidungen das grosse Ganze im Blick behalten. Nicht, weil sie kontrolliert werden. Sondern weil sie Klarheit haben.
Vision ist nicht statisch – aber sie ist stabil
Eine gute Vision entwickelt sich weiter – aber sie verwässert nicht. Sie ist kein Ziel im klassischen Sinn, sondern ein Nordstern. Etwas, das Orientierung gibt, ohne die Richtung vorzuschreiben.
Gerade in der digitalen Produktentwicklung ist das entscheidend. Denn je komplexer ein System, desto mehr braucht es ein gemeinsames Verständnis davon, was am Ende entstehen soll. Nicht im Detail, aber im Kern. Nicht festgelegt, aber fokussiert.
„Die Vision ist die Energiequelle des Produktteams. Ohne sie wird das beste Team müde.“
Fazit
Produktentwicklung braucht mehr als eine Feature-Liste. Sie braucht Klarheit. Über das Problem, das gelöst werden soll. Über den Nutzer, dem geholfen werden soll. Und über das Ziel, das es wert ist, gemeinsam verfolgt zu werden.
Eine gute Vision ist nicht das, was schön klingt. Es ist das, was trägt – in der Entscheidung, im Zweifel, im Alltag.
Und deshalb gilt: Vision schlägt Wunschliste. Immer.