Purple Cow beim Neustart

Was du tun würdest, wenn du heute nochmal anfangen würdest

Manchmal hilft ein Perspektivwechsel, um klar zu sehen. Nicht: Was können wir noch verbessern? Sondern: Was würden wir tun, wenn wir heute ganz neu starten müssten – mit all dem Wissen von heute?

Diese gedankliche Übung ist mehr als ein Spiel. Sie ist ein Spiegel. Denn sie zeigt oft schonungslos: Was wir heute tun, hat weniger mit Strategie zu tun – und mehr mit Gewohnheit. Mit alten Entscheidungen, die nie hinterfragt wurden. Mit Kompromissen, die irgendwann zu unserem Angebot geworden sind. „Don’t change the product. Change the game.“ – Seth Godin

Wenn du nochmal von vorne beginnen würdest – was würdest du NICHT mehr tun?

Diese Frage trifft einen wunden Punkt. Denn sie konfrontiert uns mit dem, was wir eigentlich wissen – aber selten aussprechen: Ein grosser Teil unserer Kommunikation, Prozesse oder Leistungen ist historisch gewachsen. Nicht strategisch. Nicht bewusst. Sondern passiert.

Ein Beispiel: Ein IT-Unternehmen betreut Kunden aus sechs verschiedenen Branchen. Das Team ist ständig dabei, Wissen auf verschiedene Systeme zu verteilen. In der Rückschau ist klar: Die besten Ergebnisse, die zufriedensten Kunden, die effizienteste Arbeit – alles findet in einer einzigen Branche statt. Wenn das Unternehmen heute nochmal starten würde, würde es sich auf genau diese Branche konzentrieren. Doch der Gedanke, den Rest loszulassen, wirkt riskant. Also bleibt man beim Mittelweg. Und verschenkt damit das Potenzial, bemerkenswert zu sein.

Neustart-Denken schafft Klarheit

Sich zu fragen, wie das eigene Unternehmen aussehen würde, wenn man es heute neu gründen müsste, kann befreiend wirken. Denn plötzlich gelten die alten Regeln nicht mehr. Man muss sich nicht rechtfertigen. Man darf loslassen. Und damit kommen oft Antworten wie:

  • Wir würden unsere Zielgruppe enger definieren.
  • Wir würden nicht mehr alles anbieten.
  • Wir würden auf ein einziges, klares Leistungsversprechen setzen.
  • Wir würden unseren Auftritt radikaler zuspitzen.
  • Wir würden mutiger kommunizieren.

All das ist kein Luxus. Es ist die Basis von echter Positionierung.

„The riskiest thing you can do is play it safe.“

Beispiele aus der Praxis

Die Agentur, die sich auf Zahnärzte spezialisiert

Zuvor ein Allrounder im Online-Marketing – mit Projekten aus unterschiedlichsten Branchen. Im Gedankenexperiment wird klar: Die besten Prozesse, die höchste Marge, die stärkste Nachfrage kommen von einer Nische – Zahnärzte. Nach dem „fiktiven Neustart“ wird daraus Realität: ein klarer Fokus, ein neuer Auftritt, ein Angebot, das sich nicht mehr erklären muss.

Der Familienbetrieb mit breitem Leistungsportfolio

Innenausbau, Fenster, Türen, Möbel – alles dabei. Doch das Team ist zerrissen zwischen kleinen Aufträgen und komplexen Projekten. Beim gedanklichen Neustart fällt auf: Am meisten Energie fliesst in Möbel nach Mass. Und genau dort liegt die Begeisterung. Heute ist das Unternehmen spezialisiert – und als regionaler Möbelbauer einzigartig positioniert.

Was hält dich zurück?

Was auffällt: In vielen Fällen wissen Unternehmer längst, was sie anders machen würden. Sie haben ein Gefühl für das, was sie besonders macht. Aber sie trauen sich nicht, diesen Schritt zu gehen. Denn der Alltag hält sie fest. Die bestehenden Kunden. Die Routinen. Die Angst, etwas zu verlieren. Dabei zeigt gerade Purple Cow, dass Nicht-Handeln viel riskanter ist als Veränderung:

„Safe is risky. And risky is safe.“

Du musst dein Unternehmen nicht auf den Kopf stellen. Aber du solltest dir die Freiheit nehmen, ab und zu so zu denken, als würdest du ganz von vorn beginnen. Denn genau in dieser gedanklichen Distanz liegt die Chance, das zu entdecken, was du längst weisst – aber noch nicht konsequent lebst.

Was wäre deine Purple Cow, … wenn du heute nochmal anfangen würdest?