Nicht alles, was gebaut wird, wirkt

Warum gute Produktteams anders denken – und anders arbeiten

Es wird viel gebaut. In Unternehmen jeder Grösse entstehen digitale Lösungen: Apps, Plattformen, Dashboards, interne Tools. Die Teams sind oft gut organisiert, nutzen agile Methoden, sprinten, deployen, liefern. Doch bei all dem Fortschritt bleibt eine einfache Frage oft unbeantwortet: Hat das, was wir da tun, wirklich einen Unterschied gemacht?

Wenn liefern nicht reicht

Marty Cagan spricht diese Lücke im Buch Inspired sehr klar an. Er beschreibt, wie Unternehmen ganze Teams aufbauen, Roadmaps pflegen und Prozesse optimieren – aber trotzdem Produkte entwickeln, die am Ziel vorbeigehen. Nicht, weil die Teams schlecht wären. Sondern weil die Orientierung fehlt. Weil das Denken zu früh aufhört – und das Umsetzen zu früh beginnt.

„Wir haben gelernt, wie man Produkte effizient liefert. Aber das bedeutet nicht, dass wir auch die richtigen Produkte liefern.“

Effizienz ist kein Ersatz für Wirkung. Ein Feature, das sauber umgesetzt wurde, aber keinen relevanten Beitrag leistet, ist technisch gesehen ein Erfolg – aber strategisch gesehen ein Kostenfaktor.

Vom Umsetzen zum Verstehen

Viele Produktteams funktionieren wie Umsetzungsabteilungen. Sie bekommen Anforderungen – oft in Form von Tickets oder PowerPoint-Roadmaps – und liefern Ergebnisse. Das Problem: Die Verantwortung für das Was liegt irgendwo anders. Und das Warum bleibt oft ungeklärt. So entsteht ein System, in dem alle beschäftigt sind – aber niemand sicher weiss, ob das Richtige passiert.

Cagan fordert ein anderes Modell. Eines, in dem Teams nicht nur umsetzen, sondern mitdenken. In dem sie das Problem verstehen, bevor sie an die Lösung gehen. In dem Produktentwicklung nicht mit einer Idee beginnt, sondern mit einer Hypothese – und mit dem Mut, sie zu überprüfen.

„Die besten Produktteams unterscheiden sich nicht durch bessere Prozesse, sondern durch bessere Entscheidungen.“

Wirkung braucht Verantwortung

Ein gutes Produkt entsteht nicht aus einem Auftrag. Es entsteht aus Verantwortung. Für ein konkretes Problem. Für eine definierte Zielgruppe. Für eine Wirkung, die über das Ausliefern hinausgeht. Und genau hier trennt sich das produktive Team vom bloss effizienten.

Gute Produktteams arbeiten nicht blind am nächsten Feature. Sie verstehen die Zielgruppe, kennen deren Schmerzpunkte, und denken von dort aus. Sie fragen nach dem Nutzen, nicht nach dem Aufwand. Sie wollen nicht möglichst viel bauen – sondern möglichst viel bewirken.

Das bedeutet nicht, dass technische Exzellenz unwichtig ist. Im Gegenteil. Aber sie reicht nicht. Wirkung entsteht nicht im Code, sondern im Zusammenspiel: aus Nutzerverständnis, Klarheit über Ziele und der Fähigkeit, mutige Entscheidungen zu treffen.

Fazit

Die zentrale Einsicht aus Inspired ist so einfach wie anspruchsvoll: Nur weil etwas gebaut wurde, heisst das nicht, dass es funktioniert. Und: Nur weil etwas funktioniert, heisst das nicht, dass es gebraucht wird.

Wer digitale Produkte entwickelt, sollte sich nicht nur für technische Lösungen interessieren – sondern für echte Probleme. Für Wirkung. Für Verantwortung. Nicht alles, was gebaut wird, wirkt. Aber alles, was wirken soll, braucht jemanden, der bereit ist, anders zu denken.