Mut zur Nische

Warum Positionierung nicht mehr Reichweite braucht – sondern mehr Klarheit

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer sind auf der Suche nach Sichtbarkeit. Mehr Reichweite, mehr Besucher, mehr Bekanntheit – möglichst über viele Kanäle und für eine möglichst breite Zielgruppe. Das klingt logisch. Und ist doch oft der falsche Hebel. Denn wer „mehr Leute“ erreichen will, bevor er weiss, für wen er wirklich da ist, verliert sich in der Beliebigkeit.

„When you market to everyone, you market to no one.“ – Seth Godin

Die grosse Angst: „Wenn ich mich zu sehr fokussiere, verliere ich Kunden.“

Diese Angst ist verständlich. Wer eine Nische betritt, schliesst automatisch etwas aus. Es fühlt sich an wie eine Verkleinerung – ein Rückschritt, eine Einschränkung. Was aber in Wahrheit passiert, ist das Gegenteil: Fokus erzeugt Sog.

Menschen wollen sich verstanden fühlen. Sie suchen nicht das grösste Angebot, sondern das passendste. Und sie erkennen es daran, dass sich jemand klar für sie positioniert – und nicht für „alle“.

Die Kraft der Spezialisierung

Ein kleiner Betrieb, der sich nur auf die Reparatur von alten Velos spezialisiert. Eine Softwarefirma, die ausschliesslich Tools für kleine Gemeinden entwickelt. Ein Coach, der nur mit Familienunternehmen arbeitet, in denen gerade die Nachfolge geregelt wird.

All das wirkt im ersten Moment riskant. Doch mit jeder Entscheidung gewinnt dieses Unternehmen an Profil. An Klarheit. An Wiedererkennbarkeit. Und vor allem: an Relevanz – für genau die Richtigen.

„The more specific your message, the more powerful it becomes.“

Warum gerade KMU von Nischen profitieren

Grosse Firmen müssen breit denken. Ihr Geschäftsmodell basiert auf Skalierung, auf Diversifikation. Aber kleine und mittlere Unternehmen haben einen Vorteil:
Sie dürfen spitz sein. Sie dürfen sich auf eine Zielgruppe konzentrieren, auf ein Problem, auf eine Branche, auf eine Haltung. Und genau dadurch entsteht das, was man Positionierung nennt – nicht als Marketingfloskel, sondern als konkrete Entscheidung:

  • Nicht alles anbieten, sondern das Richtige.
  • Nicht für alle da sein, sondern für die Richtigen.
  • Nicht maximal verfügbar, sondern maximal relevant.

Drei Beispiele für mutige Nischen

Die Treuhänder für Content Creator

Während viele Kanzleien den klassischen „für alle“-Weg gehen, positioniert sich eine kleine Kanzlei gezielt auf Solo-Selbstständige aus der Creator-Welt. Sie kennt deren Tools, ihre Einnahmequellen, ihre steuerlichen Fragen. Ergebnis: Die Mandanten fühlen sich verstanden – und empfehlen sie begeistert weiter.

Der Handwerksbetrieb nur für Architekturbüros

Statt jeden Privatkunden zu bedienen, fokussiert sich ein Betrieb auf Projekte mit Architekturbüros. Die Prozesse sind klarer, die Kommunikation professioneller, der durchschnittliche Auftragswert höher. Die Spezialisierung zahlt sich doppelt aus: operativ und strategisch.

Die IT-Agentur für Sozialbetriebe

Eine kleine Agentur entscheidet sich, keine E-Commerce-Kunden mehr zu betreuen, sondern nur noch Non-Profits, Stiftungen und soziale Organisationen. Die Branchenkenntnis wird zum Markenzeichen – und zur Eintrittskarte für neue, hochrelevante Kunden.

Fokus ist keine Einengung – sondern eine Befreiung

Wer sich traut, klar zu sein, schafft Vertrauen. Wer die richtige Nische findet, braucht weniger Argumente. Denn in dem Moment, wo dein Angebot exakt passt, verkauft es sich fast von selbst.

„Don’t be afraid to focus. Be afraid of being ignored.“

Positionierung ist kein Hindernis für Wachstum – sie ist die Voraussetzung dafür. Nicht der, der alles für alle kann, gewinnt. Sondern der, der für eine bestimmte Gruppe unverzichtbar wird. Die Nische ist kein Kompromiss. Sie ist deine Chance, erkennbar zu sein.